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19. August 2021
Der Schallwaffenhorror Rußlands hat Berlin erreicht!
Nach BILD-Informationen sind zwei Mitarbeiter der
US-Botschaft in Berlin Anfang des Jahres Opfer einer perfiden Waffe des
russischen Geheimdienstes geworden. Zuerst hat das „Wall Street
Journal“ über die Fälle berichtet.
In ihren Wohnungen im Bezirk Mitte wurden die beiden mit
Rußland-kritischen Themen betrauten Mitarbeiter über Monate mit hochfrequenten
Schallwellen beschossen, bis sie und die Menschen um sie herum am sogenannten
„Havanna-Syndrom“ erkrankten, arbeitsunfähig wurden und teils bis heute wegen
schwerer Hirnschäden stationär behandelt werden müssen.
Nach BILD-Informationen handelt es sich bei den
Betroffenen um eine Mitarbeiterin, die russische Desinformations-Attacken, Cyber-Angriffe
und Einflußnahmeversuche auf die deutsche Gesellschaft abwehren sollte, und
einen Mitarbeiter, der die Fertigstellung der russischen Ostsee-Pipeline Nord
Stream 2 unterbinden sollte.
Beide Mitarbeiter waren in ihrer Arbeit passioniert und
hoch engagiert, arbeiteten voller Elan mit deutschen Ministerien,
Sicherheitsbehörden und Nichtregierungsorganisationen zusammen, um Putins
dunkle Pläne für Deutschland zu durchkreuzen ... bis sie Opfer einer grausamen
russischen Waffe aus Zeiten des Kalten Krieges wurden.
Schall-Angriffe zwischen Dezember 2020 und März 2021
Wie BILD erfuhr, begannen die Angriffe auf beide
Angestellte um die Jahreswende 2020 / 2021, kurz nach der Wahl von Joe Biden
(78) zum neuen US-Präsidenten.
▶ Im Februar kapitulierte schließlich der mit Nord Stream 2
befaßte US-Beamte. Zu BILD sagte er damals, nicht nur er, sondern auch seine
Ehefrau und mehrere seiner Kinder seien so krank geworden und mit den Nerven so
am Ende, daß sie Berlin sofort verlassen müßten.
▶ Die Mitarbeiterin, die Rußlands Desinformationsattacken
bekämpfen sollte, gab ihren Kampf im März 2021 auf.
Bitter: Einige Kollegen glaubten ihr zunächst nicht, daß
sie allnächtlich unter unerträglichen Kopf- und Ohrenschmerzen litt, die auch
tagsüber in Form von lautem Summen und Brennen nicht weggingen.
Erst Monate späte stellte das Militärkrankenhaus „Walter
Reed National Military Medical Center“ bei Washington, D.C. fest, daß die
Beamtin in Berlin „eine Hirnverletzung, vergleichbar mit Schockwellen von
Explosionen“ erlitten hatte.
Gegenüber dem „Wall Street Journal“ erklärte die Beamtin
jetzt, „es gibt keine Beweise dafür, was mit uns passiert ist, aber es fällt
auf, daß einige von uns an Rußland-bezogenen Themen gearbeitet haben“.
Wie BILD ebenfalls erfuhr, gingen beide Mitarbeiter
bereits kurz vor ihrer Erkrankung davon aus, daß sie ins Visier russischer
Geheimdienste gelangt waren.
Während der Mitarbeiter immer neue Messengerdienste für
die Kommunikation mit seinen deutschen Kontakten nutzte und BILD berichtete, er
befürchte, überwacht zu werden, war sich auch die Mitarbeiterin sicher, daß ihr
Agenten von und zu ihrer Wohnung folgten.
Um ihren Verdacht zu prüfen, habe sie Fahrten in ihrem
Auto nicht auf dem schnellsten Weg, sondern über Umwege zurückgelegt. Dabei sei
ihr aufgefallen, daß ihr immer dieselben Wagen folgten. Auch habe sie
festgestellt, daß auffällig oft russisch sprechende Menschen in ihrer Umgebung
aufgetaucht seien.
Offiziell hieß es am Donnerstag auf BILD-Anfrage aus der
US-Botschaft, man behandle „alle Berichte über potentielle Angriffe auf unsere
Mitarbeiter mit größter Ernsthaftigkeit. Die Ermittlungen, was diese Vorfälle
verursacht und wie wir unsere Mitarbeiter schützen können, dauern an“.
Russische Schall-Waffe schon seit 1975 bekannt
Doch womit wurden die beiden Mitarbeiter, so wie kurz
zuvor auch US-Angestellte in Wien und andern Städten auf der Welt, angegriffen?
BILD erfuhr, daß die Ermittlungen der US-Behörden zurück
in den Kalten Krieg reichen. Mitte der 1970er Jahre habe die CIA ihre Mitarbeiter
in Europa und Rußland vor einer „Schall-Waffe“ gewarnt, die Rußlands KGB gegen
die Wohnungen mehrerer Mitarbeiter des Geheimdienstes eingesetzt habe.
Die Waffe in der Form eines hinter einem Fenster nahe der
Zielwohnung aufgestellten großen Blasinstruments sei darauf jedoch wieder in
Vergessenheit geraten. Bis jetzt! US-Ermittler gehen davon aus, daß Rußlands
Geheimdienst die Waffe seit 2016 – damals zuerst in der kubanischen Hauptstadt
Havanna – wieder einsetzt oder, wie jüngst in Wien, an hochbezahlte Kriminelle
gegeben hat, um US-Beamte unschädlich zu machen.
Ein US-Diplomat, der unerkannt bleiben will, ordnete die
Geschehnisse gegenüber BILD ein. Die russischen Angriffe auf
US-Botschaftsmitarbeiter seien „krasser als der Tiergarten-Mord“, weil Putins
Regime auf dem Boden eines Nato-Landes Mitarbeiter eines anderen Nato-Landes
angreife und so schwer verletze, daß sie ihren Aufgaben nicht mehr nachgehen
könnten.
Auch seien die Angriffe in Berlin „schlimmer als in
Österreich, Kuba oder China“, weil diese Länder nicht in der Nato seien und man
in gewisser Weise mit solchen Attacken rechnen müsse. „Daß Rußland sich
mittlerweile traut, solche Angriffe in Berlin auszuüben, hat eine ganz andere
Dimension“, so der Diplomat.
Zudem erfuhr BILD aus mehreren Quellen, daß sich das
US-Außenministerium bislang nicht an die deutschen Sicherheitsbehörden gewandt
hat, um bei der Aufklärung der Angriffe mitzuhelfen.
„Das zeigt, wie gering das Vertrauen in den deutschen
Willen zur Aufklärung ist“, so ein Insider zu BILD. Nach dem weitgehend
konsequenzlosen Tiergarten-Mord des russischen Geheimdienstes am Georgier
Selimchan Changoschwili im August 2019 habe man in den USA kaum noch den
Glauben daran, daß Deutschland an der Aufklärung und Bestrafung der
Hintermänner des russischen Terrors in der Bundeshauptstadt Interesse habe, so
der Insider weiter.