27. Mai 2017
Sicherheitsexperten
warnen vor russischen Kampfsportschulen in Deutschland. Die 63 Clubs in
deutschen Städten, die die Disziplin Systema lehren, hätten direkte oder
indirekte Verbindungen zu russischen Geheimdiensten. Das ist deutschen
Sicherheitsbehörden seit Jahren bekannt, doch nun gibt es Befürchtungen, die
Rekruten könnten Störaktionen planen.
Bereits 2014 berichtete FOCUS, daß deutsche Staatsschützer die Systema-Schulen mit
Sorge beobachten. Sie seien vom russischen Militärgeheimdienst GRU gesteuert
und würden mit ihrer Kampfsport-Ausbildung gezielt Mitarbeiter von Polizei,
Militär und Justiz ansprechen – mit einem klaren Ziel: Der Aufbau von Kontakten
und das Anwerben von Informanten.
„Bei aller
Liberalität können wir ein solches Sicherheitsrisiko nicht dulden“, sagte ein
Verfassungsschützer zu FOCUS. Von 30 deutschen Städten, in denen Systema
unterrichtet wird, war damals die Rede.
Geheimagenten in den Kampfsportclubs
Inzwischen ist die
Situation eher noch brenzliger geworden, wie der Sicherheitsexperte Dmitrij
Chmelnizki der Brüsseler Onlinezeitung „EUobserver“ berichtete. Der Artikel
erschien auch bei der "HuffPost". Chmelnizki bezeichnete die
inzwischen 63 Systema-Clubs in Deutschland als „Schläferzellen“ der russischen
Geheimdienste GRU und FSB. Aus der Verknüpfung würden die Trainer keinen Hehl
machen und offen Abzeichen und Symbole tragen.
„Nichts davon ist
ein Geheimnis für die deutschen Behörden - hoffe ich zumindest“, so Chmelnizki.
Er habe sich bei seinen Nachforschungen ausschließlich auf öffentliche Quellen
gestützt. Seinen Informationen zufolge sind durchschnittlich drei bis fünf
Agenten Teil einer jeden Trainingsgruppe – das seien insgesamt über 300
Personen mit Verbindungen zum russischen Geheimdienst.
Störaktionen zur
Bundestagswahl?
Das Problem dabei
sei, daß der Militärgeheimdienst GRU eine klare Doktrin für den Fall einer Auseinandersetzung
Russlands mit der Nato habe: Attacken auf militärische und zivile Ziele und
eine Terrorisierung der Bevölkerung. „Sie bauen Schläferzellen auf“, ist sich
Chmelnizki sicher. Er sagte dem „EUobserver“, er befürchte verdeckte Aktionen
zur deutschen Bundestagswahl im September.
„Sie könnten
versuchen, die Situation zu destabilisieren“, spekulierte der
Sicherheitsexperte. „Beispielweise könnten sie bei Demonstrationen gegen die
Regierung zur Gewalt anstacheln oder Molotow-Cocktails auf Moscheen oder Flüchtlingsunterkünfte
werfen.“ Die Systema-Schulen würden sich inzwischen auch in anderen EU-Staaten
und auf dem Balkan ausbreiten.
Mehr als Cyberattacken?
Chmelnizki erklärte
dem „EUobserver“ er sei auch deshalb mit seinen Erkenntnissen an die
Öffentlichkeit gegangen, um durch die Aufmerksamkeit einen gewissen Schutz zu
bekommen. „Ich habe bisher noch keine direkten Drohungen erhalten, doch ich
weiß, mit wem ich es zu tun habe“, sagte er. Chmelnizki war 1987 vor dem
FSB-Vorgänger KGB nach Westdeutschland geflohen.
Die deutschen
Sicherheitsbehörden wollten sich zu möglichen russischen Störaktion bei der
Bundestagswahl nicht äußern. Eine Gefahr sehen viele Experten, dabei geht es
aber vor allem um Cyberattacken. Außerhalb Deutschlands gehen GRU-Agenten
hingegen direkter vor: So sollen sie beispielsweise in Ungarn und der Slowakei
Neonazi-Gruppen im Nahkampf ausgebildet haben.